An der Award-Gala des 13. Zurich Film Festivals hat mit drei Preisen der Schweizer Film «Blue My Mind» von Regisseurin Lisa Brühlmann abgeräumt.
Die erste Einstellung ist, wie so vieles an diesem Film, bildliche Perfektion. Ein kleines Mädchen (die Tochter der Filmemacherin, übrigens) steht an einem dunklen Meeresstrand, die Zehen der nackten kleinen Füsse krallen sich in den brandungsnassen, fast schwarzen Kies.
![Blue My Mind Blue My Mind](https://pamsan.files.wordpress.com/2014/07/hm-blue-my-mind-01.jpg)
Das Kind entfremdet sich Das Bild nimmt nicht nur die Schlusseinstellung vorweg, sondern gleich auch den Kern der Filmgeschichte. Denn mit 15, in einer neuen Klasse, in einer neuen Stadt, fühlt sich Mia immer stärker vom Wasser angezogen. Ihr Körper verändert sich von den Füssen an aufwärts.
Blue My Mind Max Ophüls
Und die Eltern werden ihr fremder denn je. Die Angst vor der pubertären Veränderung und Entfremdung vom alten Ich hat schon viele Teenagerfilme inspiriert. Legende: Das Kind wird selbst den Eltern so fremd, dass sie an der Verwandtschaft zweifeln. Frenetic Films Nicht märchenhaft, sondern monströs In «Blue My Mind» wird recht bald deutlich, dass Mias Verwandlung nicht nur körperlich und persönlichkeitsbezogen sein wird, sondern auf ein elementar anderes Leben zuläuft. Mia wird zur Meerjungfrau.
Nicht zur liebenswert muschelbedeckten wie in Disneys «Arielle», und auch nicht zur romantisch-tragischen wie im Märchen von Hans-Christian Andersen. Mias Verwandlung geht eher in die monströse Richtung von Agnieszka Smoczynskas. Brühlmanns Talent Die junge Frau wird sich selber unheimlich, sie wird dermassen anders, dass sie ihre Mutter einmal fragt, ob sie allenfalls adoptiert sei – ohne eine Antwort zu bekommen. Regisseurin Lisa Brühlmann schafft einerseits ein realistisches Teenager-Milieu mit ihren überzeugenden jungen Darstellerinnen. Und sie findet filmische Bilder, die von einem enormen Talent zeugen. Gekonntes Farbspiel Den Alltag mit seinem Lärm und dem Schrecken für Mia taucht sie in kalte blaue Bilder. Und wenn die junge Frau im Schlaf oder im Traum in ihre eigene, andere Welt abtaucht, werden die Farben braungelb und warm.
Lisa Brühlmann zeigt Mia und ihre Clique in der ganzen Irritierbarkeit und Fremdheit dieser ebenso verletzlichen wie aggressiven Gören. Und sie schafft, wie schon in ihren viel beachteten Kurzfilmen schnelle, verdrehte, verblüffende Übergänge. Echo eigener Werke Wer Brühlmanns Kurzfilme kennt, findet mit Vergnügen das eine oder andere Echo davon in «Blue My Mind».
Lisa Brühlmann
![Blue My Mind Blue My Mind](http://julialovesromeo.com/wp-content/uploads/2017/08/xDSC_3559afti-670x899.jpg.pagespeed.ic.JDPUdn7TEb.jpg)
So hat die Regisseurin das mörderische Meerfrauen-Motiv schon 2013 in innovativ, frech und verblüffend variiert. Und die Szene, in der Mia ihre Mutter wütend aus dem Zimmer jagt, ist sogar ein wörtliches Selbstzitat aus von 2010. Gestaltung und Plot von «Blue My Mind» tragen die eindeutige Handschrift von Lisa Brühlmann. Sie kombiniert gekonnt fantastische Elemente mit Alltag, aggressive junge Weiblichkeit mit Verunsicherung und Angst.